K10 IT-Management

Wie wird IT im Unternehmen gesteuert?

Andy Weeger

Neu-Ulm University of Applied Sciences

1. Februar 2023

Motivation

Ohne IT-basierte Anwendungssysteme sind viele Unternehmen überhaupt nicht mehr funktionsfähig. Das Management der Ressource IT ist damit zu einem wichtigen Thema des Managements geworden Mertens u. a. (2016, 160)

Lernergebnisse 🎯

Nach dieser Einheit

  • können Sie erläutern, unter welchen Bedingungen IT zum Unternehmenserfolg beiträgt,
  • sind Sie in der Lage, die wesentlichen Management-Aufgaben der IT im Unternehmen zu beschreiben,
  • kennen Sie die Notwendigkeit und Möglichkeiten zum Managements des IT-Projektportfolios und der IT-Landschaft,
  • können den Nutzen und Kriterien für das Outsourcing von IT-Leistungen beschreiben und
  • können Sie erläutern, wie IT in die Unternehmensorganisation eingebunden werden kann.

Begriffsklärung

IT-Management

Unter dem Begriff des IT-Managements lassen sich diejenigen Aufgaben fassen, die sich für die Leitung eines Unternehmens aus der Nutzung von IT ergeben.

Das IT-Management umfasst die Planung, Überwachung und Steuerung der Informationsarchitektur des Unternehmens (strategische Ebene) und der einzelnen Komponenten dieser Infrastruktur (taktische Ebene) sowie deren Nutzung (operative Ebene).

Wesentliche Aufgaben sind:

  • Entwicklung und Umsetzung der IT-Strategie (IT als strategischer Wettbewerbsfaktor),
  • Gestaltung des Aufbaus der Informationssysteme sowie
  • Realisierung und Betrieb der IT-Landschaft

Einbettung

Abbildung 1: Einbettung der Aufgaben des IT-Managements in das Business Engineering Modell

Wertbeitrag der IT

Der Wertbeitrag der IT beschreibt die subjektive Zusammenfassung der Kosten und der Nutzeffekte einer Investition in IT-Lösungen (Krcmar 2015).

Die Kosten einer IT-Lösung sollten über die gesamte Lebensdauer hinweg bestimmt werden, wobei die Abschätzung des Nutzens üblicherweise schwieriger ist als die Kostenbestimmung (Mertens u. a. 2016).

Erst wenn die Informationssysteme auf die Unternehmensstrategie und die Geschäftsprozesse abgestimmt sind, kann IT einen Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

Durch die erfolgreiche Abstimmung kann IT die Produktivität erhöhen und bessere Entscheidungen ermöglichen sowie neue Produkte und Services möglich machen und sich somit zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor entwickeln.

Handlungsfelder

IT-Strategie

Analog zur Unternehmensstrategie definiert die IT-Strategie

  • die grundlegenden langfristigen Ziele eines Unternehmens hinsichtlich der Gestaltung und Nutzung der Informationstechnologie
  • die Handlungsoptionen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind sowie
  • die Ressourcen-Allokation, insbesondere die Zuweisung von Investitionsmitteln und Betriebsausgaben festgelegt.

Auch die IT-Strategie richtet den Blick nach Außen und versucht, die Chancen und Risiken verfügbarer Technologien mit den Fähigkeiten und Ressourcen des Unternehmens in Einklang zu bringen.

Die IT-Strategie definiert, in welche Technologie investiert wird, um gemeinsam mit ergänzenden Ressourcen effektive Informationssysteme zu schaffen, die durch ihre Effekte im gegebenen Marktumfeld Wettbewerbsvorteile erzielen.

Visualisierung

Abbildung 2: Mechanismen des IT-Wertbeitrags, eigene Darstellung basierend auf Schryen (2013)

Effekte der IT-Nutzung

Richtig eingesetzt führt IT zu höherer Produktivität und größerem Nutzen (Sambamurthy und Zmud 1994), zum Beispiel:

  • IT wird in neue Produkte/Dienstleistungen integriert, die z. B. zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit führen.
  • IT ermöglicht die Implementierung von effizienteren Geschäftsprozessen, die z. B. zu höherer Produktivität oder Mitarbeiterzufriedenheit führen.
  • IT verbessert die Entscheidungsfindung, indem bspw. ein besseres Verständnis von Märkten und Kunden ermöglicht wird.
  • IT ermöglicht flexible und anpassungsfähige Organisationsformen, die bspw. zu kürzeren Vorlaufzeiten bei der Produktentwicklung führen.

Die IT-Strategie legt fest, wie IT Wertbeiträge generieren möchte und definiert Handlungsoptionen, um diese zu erreichen.

Align-Enable

Abbildung 3: Align-Enable Zusammenhang zwischen Geschäftsstrategie und Informationssystemen

IT-Projektportfolio

Vor der effizienten Umsetzung eines oder mehrerer IT-Projekte mittels dem passenden Vorgehensmodell muss in der Regel zwischen mehreren Projektideen entschieden werden.

Neben ökonomischen Aspekten (Wertbeitrag) sollten bei der Auswahl auch technische Kriterien (bspw. notwendiger Integrationsgrad und vorhandenes Know-how) bewertet werden (Mertens u. a. 2016).

  • In der Bewertung werden unterschiedliche Teilportfolio gebildet (bspw. fachliches und technisches Teilportfolio).
  • Projekte werden typischerweise auf Basis subjektiver Bewertungen fachkundiger Mitarbeiter in den Portfolios positioniert.
  • Durch die Bewertung können dann Projekte ausgewählt werden, die bspw. einen hohen Nutzen stiften und gut machbar sind.

Visualisierung

Abbildung 4: Portfolio-Analysen zur Beurteilung von IT-Projekten

Informationsarchitektur

Die Informationsarchitektur (oder IT-Landschaft) beschreibt alle im Unternehmen eingesetzten IT-Komponenten in folgenden Bereichen (Mertens u. a. 2016):

  • Anwendungsarchitektur: beschreibt welche Anwendungssysteme welche Geschäftsprozesse und Funktionen unterstützen. Hierbei werden unter anderem Prozesslandkarten und Wertschöpfungsdiagramme ergänzt um die eingesetzten Informationssysteme eingesetzt.
  • Datenarchitektur: bildet die Datenbestände (Wo sind welche Daten gespeichert?) und deren Struktur (Welche Datenmodelle liegen zugrunde?) ab. Hierzu sind unternehmensweite Datenmodelle hilfreich.
  • Kommunikationsarchitektur bildet den Datenfluss zwischen Funktionen und Datenbeständen ab.
  • IT-Architektur: beschreibt, die technische Infrastruktur (typischerweise Server, Endgeräte, Netzwerke).

Ziel des IT-Managements ist es, diese Bereiche kontinuierliche auf die Geschäftsprozesse und Aufbauorganisation abzustimmen.

IT-Sourcing

Das IT-Management ist auch mit der Entscheidung betraut, ob Leistungen selbst erbracht („make“) oder von extern bezogen („buy“) werden. Letzteres wird oft als Outsourcing bezeichnet.

Bei diesem Entscheidungsproblem sollten vier Aspekte berücksichtigt werde (Mertens u. a. 2016):

  • Welche Aufgaben der IT werden betrachtet (was)?
  • Wo könnten Vorteile des Fremdbezugs liegen (warum)?
  • Wie genau wird der Fremdbezug ausgestaltet (wie) und
  • Wohin wird die Leistungserstellung verlagert (wohin)?

Wesentliche Gründe für das Outsourcing sind neben Kostensenkungen die Konzentration auf Kernkompetenzen und der Zugang zu fehlendem Know-how.

Entscheidungsmatrix

Abbildung 5: Entscheidungsmatrix für die Auslagerung von IT-Aufgabe, basierend auf Picot und Maier (1993)

Organisation

Einordnung der IT

Die Unternehmens-IT kann grundsätzlich auf drei verschiedene Arten in die Organisation eines Unternehmens eingeordnet werden: als Stabsstelle, als Linienfunktion oder in einer Mischform.

  • IT als Stabsstelle der Geschäftsleitung: IT agiert als verlängerter Arm der Unternehmensleitung
  • IT als Linienfunktion: IT agiert mit anderen Funktions- und Geschäftsbereichen auf Augenhöhe
  • Mischformen: Zentrale Funktionen der IT sind als Stabsstelle organisiert, geschäftsspezifische Funktionen den Geschäftsbereichen untergeordnet

Einige Unternehmen gliedern die IT oder Teile davon in selbstständige Unternehmen aus, um die Effizienz der Leistungserstellung durch tatsächliche Marktkräfte zu optimieren (Mertens u. a. 2016).

Visualisierung

Abbildung 6: Möglichkeiten der Einordnung von IT-Abteilungen basierend auf Mertens u. a. (2016)

Interne Organisation

Hauptaufgaben einer IT-Abteilung sind die Entwicklung sowie der Betrieb von Anwendungssystemen. Dazu sind ganz unterschiedliche Kompetenzen erforderlich.

Aus diesen Gründen finden sich in der IT typischerweise separate Einheiten für die Entwicklung und für den Betrieb der Systeme. Diese stellen den Kern einer IT-Abteilung dar.

Je nach Positionierung der IT umfasst diese auch folgende Einheiten:

  • Strategische Planung und Architektur-Management
  • IT-Controlling und IT-Sourcing
  • IT-Risiko-Management und Datensicherheit
  • Beratung (Entwicklung neuer Prozesse oder IT-basierter Produkte)

Visualisierung

Abbildung 7: Mögliche Organisation einer IT-Abteilung

Risikomanagement

Aufgrund der zentralen und noch wachsenden Bedeutung der IT ist sowohl das mit dem Betrieb verbundene Risiko zu berücksichtigen als der geltende Rechtsrahmen zur Speicherung und Verarbeitung von Daten (Mertens u. a. 2016).

  • Identifikation, Analyse und Bewertung der mit IT verbundenen Gefahren (bspw. Hackerangriff, Stromausfall, etc.).
  • Planung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung oder Beherrschung dieser Unsicherheiten (technische oder organisatorische Maßnahmen).
  • Laufende Überwachung und bedarfsgerechte Anpassung der getroffenen Maßnahmen.

Besonderes Augenmerk gilt zudem dem Datenschutz, insbesondere dem Schutz personenbezogener Daten.

Übungen ✏️

IT-Management

Ein strategisches Ziel der HNU ist die Digitalisierung von Studium und Lehre (siehe Hochschulentwicklungsplan).

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das IT-Management der Hochschule? Nutzen Sie hierzu das Business-Engineering Modell und finden Sie Antworten auf die in Abbildung 1 dargestellten Fragen.

Effekte der IT-Nutzung

Finden Sie anhand eines Unternehmens Ihrer Wahl möglichst konkrete Beispiele für die von Sambamurthy und Zmud (1994) identifizierten Kategorien der Nutzeneffekte von IT.

Wertbeitrag Kundenportal

Stellen Sie sich vor, Sie sind für die Einführung eines Kundenportals verantwortlich. Über das Portal sollen die Kunden Produkte und Leistungen bestellen, Service-Aufträge platzieren, den Status Ihrer Aufträge abrufen, auf wichtige Dokumente und Informationen zugreifen, sowie Ihre Stammdaten ändern können.

  • Welche Aspekte sind für die Bewertung des Wertbeitrags notwendig? Geben Sie möglichst konkrete Beispiele für Kosten und Nutzen eines Kundenportals. Wie könnte der Nutzen quantifiziert werden?
  • Was ist notwendig, damit die beschriebenen Wertbeiträge realisiert werden können? Unter welchen Voraussetzungen entstehen Wettbewerbsvorteile? Beziehen Sie Ihre Antwort auf Abbildung 2.
  • Inwieweit müsste das Kundenportal mit anderen Systemen integriert werden? Geben Sie Beispiele für Prozess- und Datenintegration und erläutern Sie jeweils die Integrationsrichtung.
  • Würden Sie die Entwicklung des Kundenportals auslagern? Bitte begründen Sie Ihre Entscheidung. Falls notwendig, treffen Sie Annahmen.

Alignment

Stellen Sie sich vor, Sie sind der CEO eines mittelständischen Dienstleistungsunternehmens, in dem die IT bislang im Wesentlichen für „die Technik“ zuständig ist und als Kostenfaktor (Cost Center) gesehen und entsprechend geführt wird. Leider müssen Sie feststellen, dass die IT nicht ausreichend zum Unternehmenserfolg beiträgt. Insbesondere folgende Schwachstellen fallen Ihnen auf:

  • Die verfügbaren Anwendungssysteme werden nicht intensiv genug genutzt.
  • Die eingesetzten Informationssysteme sind nicht in der Lage, die Geschäftsprozesse effektiv zu unterstützen.
  • Die Unternehmensziele, die Sie mithilfe der IT erreichen möchten, spiegeln sich nicht in den Projektaufträgen und den Anforderungen an die Informationssysteme.
  • In der Unternehmensstrategie sind die Möglichkeiten technischer Innovationen kaum berücksichtigt.

Diskutieren Sie in der Gruppe, welche Maßnahmen Sie treffen könnten, um den Wertbeitrag der IT zu erhöhen.

Handlungsfelder

Das IT-Management gestaltet die IT-Landschaft im Rahmen von IT-Projekten. Erläutern Sie anhand des Business-Engineering-Modells wie die IT dadurch zur Gestaltung erfolgreicher Unternehmen beitragen kann.

Exkurs: Visualisierung

Die Verbesserung der organisatorischen Entscheidungsfindung, die bspw. zu einem besseren Verständnis von Märkten und Kunden führen, ist ein Feld, auf dem die IT wesentliche Beiträge zum Unternehmenserfolg leisten kann. IT kann hier unter anderem dazu eingesetzt werden, die Analyse von großen Datenmengen zu unterstützen.

  1. Lesen Sie in den Vorlesungsunterlagen den Exkurs zur Datenvisualisierung und recherchieren Sie zu diesem Konzept.
  2. Schauen Sie sich folgende Datenvisualisierung an: World’s Biggest Data Breaches & Hacks und beschreiben Sie, wie die IT-gestützte Visualisierung das Information Seeking Mantra unterstützt.
  3. Überlegen Sie vor dem Hintergrund der in Kapitel 2 vorgestellten und diskutierten Eigenschaften des digitalen Zeitalters (Stichwort VUCA), weshalb Datenvisualisierung und Exploration ein wichtiger Baustein des Unternehmenserfolgs sein kann.
  4. Welche Verantwortung und Aufgabe trägt hierfür das IT-Management?
  5. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Daten zu Ihrem LinkedIn Netzwerk (oder von einem anderen sozialen Netzwerk), also Daten über Ihre Kontakte und wie diese in Verbindung miteinander stehen. Sie möchten diese visualisieren, um sie dann analysieren zu können. Insbesondere interessiert Sie, welche Gruppen sich in Ihrem Netzwerk identifizieren lassen, was diese Gruppen eint (bspw. frühere Kollegen, gruppiert nach Arbeitgebern) und wie diese Gruppen in Beziehung zueinanderstehen.
    Welche Visualisierungsform würden Sie wählen (für eine Auswahl der Möglichkeiten siehe hier) und welche Daten würden Sie in welcher Art visualisieren, um Ihre Fragen beantworten zu können?

Literatur 📚

Krcmar, Helmut. 2015. Einführung in das Informationsmanagement. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg.
Mertens, P., F. Bodendorf, W. König, M. Schumann, T. Hess, und P. Buxmann. 2016. Grundzüge der Wirtschaftsinformatik. Springer Berlin Heidelberg.
Meyer, Matthias, Rüdiger Zarnekow, und Lutz M Kolbe. 2003. „IT-Governance - Begriff, Status quo und Bedeutung“. Wirtschaftsinformatik 45 (4): 445–48.
Picot, Arnold, und Matthias Maier. 1993. „Analyse-und Gestaltungskonzepte für das Outsourcing der betrieblichen Informationsverarbeitung“. In Rechnungswesen und EDV, 39–72. Springer.
Sambamurthy, Vallabhajosyula, und Robert W Zmud. 1994. IT management competency assessment: A tool for creating business value through IT. Financial Executives Research Foundation Morristown, NJ.
Schryen, Guido. 2013. „Revisiting IS business value research: what we already know, what we still need to know, and how we can get there“. European Journal of Information Systems 22 (2): 139–69.